
Der Auftakt zur diesjährigen Berg-Europameisterschaft in Österreich hielt alles, was sich die Kenner der Szene erhofft hatten. Das Almenland in der Gegend um Fladnitz in der Steiermark präsentierte sich gottlob schneefrei und vor allem trocken. Dennoch war es genauso stürmisch und „saukalt“ wie in 2016. Die rund 200 Teilnehmer aus neun europäischen Nationen mussten teilweise eine Anreise durch tief verschneite Regionen in Kauf nehmen. Die neue Organisation um Erich Weber funktionierte sehr gut, vor allem das neue Konzept im Training das vorsieht mit rot aufgehaltene Fahrer nicht mehr zurückzuholen und neu starten zu lassen, sondern nach italienischem Vorbild nach Beseitigung der Blockade einfach weiter Richtung Ziel zu schicken, brachte Vorteile. Lediglich eine um fast eineinhalb Stunden verzögerte Siegerehrung hätte man bemängeln können. Doch es bleibt festzuhalten, das neue Orgateam hat sich bewährt.
Was vor Wochen noch als „ein Ding der Unmöglichkeit“ angesehen wurde, entpuppte sich am Rennwochenende wider erwarten zur Realität. Österreichs Berg-Legende Herrmann Waldy, der sich über Monate mit Hilfe von Ärzten und Rehateams schindete, um seine inkomplette Querschnittslähmung zu überwinden, hatte es tatsächlich geschafft und steuerte am Trainingstag seinen Tatuus-Formula Master mit 2-Liter Honda-Motor die Rechberg-Bundesstraße hinauf. Der 69-Jährige hatte sein Ziel wieder in seinen Rennwagen zurückzukehren, mit unbändigem Willen erreicht. Doch am Renntag musste Waldy Senior einen erneuten Rückschlag hinnehmen. Im Streckenabschnitt Harrer-Höhe überschlug sich Waldy mit seinem Auto mehrfach, der Bolide blieb auf dem Rücken liegen. Der Kärntner war sofort ansprechbar, wurde von Streckenposten aus dem Auto geholt und konnte gestützt selbstständig gehen. Waldy wurde mit Verdacht auf Gehirnerschütterung ins Krankenhaus gebracht. Eine Computer Tomographie zeigte aber keinerlei Verletzungen. Auch der Verdacht auf eine Gehirnerschütterung bestätigte sich nicht. Gesellschaft bei der Untersuchung im Spital hatte Waldy leider auch vom Deutschen Sportwagen-Senior Erich Öppinger, der sich mit seinem Osella PA16 BMW ebenfalls überschlug. In beiden Fällen gab es aber später Entwarnung von der Rennleitung.
Rein sportlich gesehen stand das Duell der beiden italienischen Elitefahrer Simone Faggioli und Christian Merli einmal mehr im Brennpunkt des Interesses. Vor allem wie der neue Fortech-V8-Motor in Merlis Osella FA30 einschlagen würde, war die große Frage. Und er schlug ein! Doch zuerst donnerte Serieneuropameister Simone Faggioli in 1:53,783 von Tulwitz nach Rechberg. Der Norma-Pilot verbesserte damit seinen eigenen Streckenrekord aus dem Vorjahr. Aber Vorjahressieger Christian Merli war noch schneller. In 1:52,916 war Merli zwei Sekunden schneller als Faggioli im Vorjahr und der erste Mensch der mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von über 160 km/h den Rechberg bezwang, was die Sicherheitsexperten der FiA sicherlich nicht gern gesehen haben. Denn seit Jahren steigen und steigen die Durchschnittsgeschwindigkeiten in der EBM und die Debatte über weitere Bremsschikanen dürfte so wieder aufflammen. Gut, die Extraklasse von Merli und Faggioli wird mehr als deutlich, schaut man sich die Ergebnisliste an. Der nach zwei Rennläufen drittplazierte Paride Macario büßte pro Lauf mehr als sechs Sekunden auf das „Duo-Infernale“ ein, die beiden Tschechen Milos Benes (ebenfalls Osella FA30) und Dusan Neveril (Norma M20F) schon insgesamt deutlich mehr als 19 Sekunden.
Seinem Ruf als schnellster Pilot der historischen Rennfahrzeuge an Europas Bergen wurde Stefano Di Fulivo im wunderschönen Osella PA9/90 BMW mehr als gerecht. Der Italiener wurde Sechster der Gesamtwertung noch vor EM-Urgestein Fausto Bormolini (Reynard Cosworth F3000) und Federico Liber im flinken Gloria C8P-Evo. Mit dem letzten Top-10 Rangking Gesamt sorgte der Vorarlberger Christoph Lampert für einige anerkennend hochgezogene Augenbrauen im Fahrerlager. Bei seinem Renndebüt im aus Italien importierten Osella PA 2000 EVO passte alles. Ebenfalls Debütant in der Gruppe E2-SC bis 2000 ccm war der Italiener Franco Berto. Im neu erstandenen Norma M20 Honda fuhr der Mann aus Bardolini am schönen Gardasee am Rechberg seine ersten Meter. Die Vorbereitungen des Wagens endeten gerade noch rechtzeitig und so war das Wochenende am Rechberg eher ein Test als Rennen für Berto. Die Deutsche-Hoffnung Alexander Hin musste seinen Reynard Judd F3000 zum zweiten Lauf mit technischen Problemen abstellen. Der Schwarzwälder hielt sich in den gezeigten Läufen immer unter den Top-7 der Gesamtwertung auf. Da der Schaden am Reynard auf die Schnelle nicht behoben werden kann musste Hin seine Nennung leider auch für das Bergrennen Eschdorf Anfang Mai zurücknehmen.
Bei den Tourenwagen, wenn man die E2-SH Silhouetten dazu zählen möchte, war Vladimir Vitver (Audi TT-R DTM) auf der ungeliebten Strecke, im ersten Durchgang der schnellste vor seinem tschechischen Landsmann Dan Michl (Lotus Elise). Ich zweiten Durchgang ließ Vitver fast zwei Sekunden liegen und musste Michl ziehen lassen. Thomas Holzmann im Mitsubishi Lancer Evo IV ist nach dem zweiten Lauf erneut Dritter und gewinnt die Gruppe E1 vor Felix Pailer im Lancia. Karl Schagerl, Favorit und Trainingsschnellster, musste schon am Samstag um seinen Start beim Rennen bangen. Er konnte aufgrund von Elektronikproblemen an seinem VW Golf Rallye TFSI-R den Motor nicht starten.