Royal Hillclimb Navys abenteuerliche Reise nach Braga – Volle Fahrt voraus unter Kapitän Wilson

Schon seit den Anfängen des FiA Hillclimb Masters im Jahr 2014, damals im luxemburgischen Eschdorf, stellen die britischen „Hillracer“ eine echte Bereicherung da. Mit ihren kleinen, aber meist hochmotorisierten Rennwagen, überraschen sie regelmäßig die kontinentalen Experten, Fans und Gegner, so wie auch diesmal in Braga. Unproblematisch und schnell, mal in Deutschland, Luxemburg, Italien, Frankreich oder der Schweiz, im Verlaufe einer Saison anzutreten, wie es die Festlandeuropäer gewohnt sind, ist bei den Briten nicht drin. Nicht nur der Ärmelkanal sondern auch ein enormer Aufwand, hohe Transportkosten und zeitliche Belastungen trennt das Mutterland des Bergrennsports vom Rest Europas. Nur anlässlich des Masters nehmen die Briten ein Abenteuer in Kauf, müssen aber in See stechen.

Nach dem Britischen Meisterschafts-Lauf im September, beim ältesten noch aktiven Bergrennen der Welt von Shelsley Walsh, wurden die Top-10-Fahrer der British Hill Climb-Meisterschaft (schnellste der Meisterschaftstabelle in der sogenannten Top-Ten-Run-Off-Wertung) bestimmt sowie die drei Aktiven mit der höchsten Punktzahl aus jeder der 4 Fahrzeuggruppen (Road Going, Modified Production, Sports Libre und Racing Cars) aus dem Britischen Hillclimb Cup. Die Cup-Wertung ist eine separate Meisterschaft bei den gleichen Veranstaltungen auf dem britischen Festland. Insgesamt 22 Fahrerinnen und Fahrer wurden im Anschluss über ihre Qualifikation für das diesjährige FiA Hillclimb Masters vom Team-GB Captain Tim Wilson informiert. Zusätzlich gab es Informationen zur Wildcard-Teilnahme.

Ursprünglich hatten sich 18 Britische Fahrer für die Reise nach Braga angemeldet, leider musste Will Hall, der bislang bei allen Masters-Veranstaltungen am Start war, aufgrund anhaltender technischer Probleme mit dem umgebauten Auto zurücktreten. Dessen Force WH-XTEC AER-Formel-Rennwagen hatte bei einem Unfall beim Gurston Down Bergrennen Anfang der Saison schwere Schäden erlitten.

Der Planungsprozess zur Verschiffung der mittlerweile 17 Rennfahrzeuge nach Braga konnte also beginnen. Eine zusätzliche Herausforderung war dabei die Umsetzung der neuen Brexit-Regeln, wonach Autos, die von einem Transportunternehmen oder ohne Papiere verschifft werden, ein „Carnet de Passage“-Zolldokument benötigen, um Großbritannien verlassen zu dürfen und in die EU einzureisen. Dies bedeute einen enormen zusätzlichen Papierkram, da alle mit den Rennwagen gelieferten Ausrüstungsgegenstände, wie z. B. Ersatzteile, Werkzeuge oder Zelte im „Carnet“ aufgeführt werden müssen. Dazu fallen auch erhebliche Kosten an. Am Ende reisten 12 Autos, darunter der britische Empire-Formelwagen des maltesischen Fahrers Zach Zammit, der auf der Insel lebt und arbeitet, mit einem Sammeltransporter. Alle Autos, samt Ausrüstung mussten von ihren Besitzern am Sonntag, den 3. Oktober nach Brackley in England geliefert werden, um sie auf zwei geschlossene Transporter zu verladen. Die beiden LkW fuhren dann von der Hafenstadt Portsmouth mit einer Lienenfähre von Brittany Ferries nach Bilbao in Spanien. Von dort aus machte sich der Konvoi auf die neunstündige Fahrt nach Braga in Portugal.

Die restlichen sechs Autos wurden von ihren Besitzern oder Teammitgliedern über verschiedene Fährrouten transportiert. Für Teams aus den Midlands (Zentralengland), bedeutete dies eine 4-stündige Fahrt zum Fährhafen, eine 20-25-stündige Fährüberfahrt nach Spanien und zu guter Letzt eine 8-9-stündige Fahrt nach Braga. Leider führte ein Missverständnis bezüglich des Covid-19-Impfstatus und den spanischen Einreisebestimmungen dazu, dass ein Teil der Delegation nicht von Plymouth nach Santander (Spanien) übersetzten konnten. Die Lösung waren weitere sechs Stunden Überfahrt nach Frankreich, wo sie die Einreisebestimmungen erfüllen konnten. Es folgte dann eine anstrengende 20-stündige Fahrt durch Frankreich, Spanien und Portugal, um am frühen Freitagmorgen um 2 Uhr Braga zu erreichen! Die britischen Fahrer wurden von rund 50 Familienangehörigen, Freunden und Helfern gut unterstützt, die sich ebenfalls auf den Weg nach Braga machten, um zu jubeln, anzufeuern und die Atmosphäre des Events zu genießen.

Die Dokumentenprüfungen und Abnahmen am Donnerstag und Freitag verliefen für das britische Team dafür ohne Zwischenfälle. Die Abnahme bei den Masters war in der Vergangenheit eine Herausforderung, da britische Autos aufgrund der nationalen Vorschriften ziemlich stark von ihren EU-Pendants abweichen. Zum Beispiel sind Feuerlöscher und homologierte Überrollkäfige in Großbritannien nicht erforderlich. Einige der UK-Piloten hatten zwischenzeitlich die Falperra-Strecke mit jedem Fahrzeug unter die Räder genommen, das sie in die Finger bekamen, von leistungsschwachen Mietwagen bis hin zu ihren Transit-Vans, die die Rennwagen dorthin schleppten!

Das Training am Samstag führte bei den britischen Fahrern zu einigen ungewollten Zwischenfällen. Trevor Willis erwischte eine Kurve falsch und zerschmetterte ein Hinterrad seines OMS 28 RPE an einer Leitplanke. Alex Summers erlitt einen Ausfall der Kraftstoffpumpe in seinem infernalischen DJ Firestorm 2.6 Cosworth (Foto) und verpasste das zweite Training, während er eine neue einbaute. James Kerr im Peugeot 205 GTi geriet an gleicher Stelle als Wills in Probleme und überschüttete die am Streckenrand stehenden britische Unterstützer mit Dreck, zum Glück war sein Schaden nur kosmetischer Natur. Gleiches konnte nicht von Sean Gould behauptet werden. Der Konstrukteur und Pilot drehte sich ebenfalls bei „Armco“ und der Heckflügel seines Gould GR59 Jb 4.0 Judd wurde stark beschädigt. Obwohl er auch einen kleineren Frontschaden erlitt, erntete er großen Jubel von der Zuschauermenge, als er aus seinem Gould kletterte, den Heckflügel komplett abzog und das Teil über die Absperrung an einige Mitglieder des UK-Teams übergab. Der Schotte und neue britische Meister von 2021, Wallace Menzies, und der zweitplatzierte der Meisterschaft Alex Summers freuten sich sehr, während des Trainings mit den europäischen Spitzenfahrern in Kontakt zu kommen.

Glücklicherweise verliefen die drei Rennläufe am Sonntag für die meisten Fahrer von der Insel weniger ereignisreich, mit Ausnahme von Sean Gould (Porträtfoto). Nachdem er am Samstagabend sein Auto repariert und einen Ersatz-Heckflügel montiert hatte, drehte es ihn erneut in der ersten Rechtskurve. Erneut „kostete“ es den Heckflügel und ein Vorderrad riess ab. Sein erstens Masters-Wochenende überhaupt, war leider zum vergessen.

Nach dem atemberaubenden Sonnenuntergang während der Abschlusszeremonie, gab es nicht nur für die britischen Teams die große Herausforderung, die Autos im Dunkeln aus dem Parc Ferme abzuholen, da die meisten ja keine Beleuchtung haben. Nach stundenlangem Packen waren am Sonntagabend gegen 23.00 Uhr alle Autos in ihre jeweiligen Anhängern bzw. Transportern verladen. Ein paar robuste Zeitgenossen gingen danach direkt auf die Reise oder starteten bereits um 5 Uhr des Montagmorgens von Braga und nahmen an diesem Tag noch die Nachmittagsfähre vom spanischen Santander zurück in die Heimat nach Plymouth. Andere wählten die gemächlichere Variante und legten am Dienstag um 20 Uhr 30 von Bilbao nach Portsmouth ab.

Während einige Mitglieder des Britischen Teams es schafften, die Veranstaltungsreise in kurze und hektische vier Tage zu packen, brauchten andere acht entspanntere Tage, um wieder zuhause anzukommen. Aber es hing wirklich vom Wohnort, der Transportmethode, den Arbeitsverpflichtungen und von der Verfügbarkeit von Flug- und Fährverbindungen ab. „Es ist nur fair zu erwähnen, dass diejenigen von uns aus Großbritannien, die das Glück hatten, an diesem Hillclimb Masters teilzunehmen oder aus Begleiter dabei waren, motivierter denn je sind sich erneut zu qualifizieren um beim nächsten Mal wieder teilzunehmen“, sagt Gavin Neate Pilot des Peugeot 106 mit der Startnummer 160 aus der Kategorie 3 und Verfasser dieser Zeilen. „Hoffentlich werden wir bis dahin alle mit weniger Einschränkungen kämpfen müssen als heute!“

von Gavin Neate

Fotos: Henri Schwirtz (ACL), FiA, FPAK,