Hin durchbricht die Minutenschallmauer von Wolsfeld

EBM-Pilot Alexander Hin bricht den 18 Jahre alten Streckenrekord und dominiert das Wolsfelder Bergrennen bei tückischen Bedingungen. Das ist ein Paukenschlag! 18 Jahre lang jagten die besten Bergpiloten aus halb Europa den Streckenrekord von Herbert Stenger aus dem Jahr 2004. Vergeblich. Einige kratzen immer wieder an der Bestmarke des mehrfachen Berg-Europameisters, der 2014 viel zu früh den Kampf gegen den Krebs verlor. Oft fehlten nur ein paar Hundertstel. Nicht nur an der Bestmarke des früheren „Berglöwen“, sondern auch an der magischen Grenze von weniger als einer Minute. Bis, ja bis an Pfingstmontag 2022.

Bis Alexander Hin kam. Der 52-jährige Schwarzwälder aus dem südbadischen Elzach pulverisierte im ersten Lauf des 58. Wolsfelder Bergrennens die alte Stenger-Bestmarke und trug sich in die Annalen des Bergrennsports ein: 59,618 Sekunden brauchte er in seinem Osella PA 30 für die 1,64 Kilometer lange Strecke von Wolsfeld nach Wolsfelderberg hinauf. Dass der Pilot in dem Osella PA 30 mit seinem rund 450 PS generierenden großvolumigen V8-Motor mit derlei Absichten in die Eifel gekommen war, verriet er schon am frühen Montagmorgen in seinem technischen Basislager direkt an der Nimsbrücke: „Glaub mir, wenn ich einen einzigen trockenen Lauf erwische, dann ist er fällig.“ Er, das war eben der Streckenrekord Stengers aus dem Jahr 2004. Und so kam es! Hin hatte sagenhaftes Glück: Zehn Minuten nach seiner Rekordfahrt fing es an zu tröpfeln, danach schüttete es. „Ich habe beim Vorstart im Auto gesessen und die dunklen Wolken gesehen. Ich habe gebibbert, dass es noch ein paar Minuten hält.“

Das tat es dann auch. Nach dem ersten von mehreren heftigen Eifelgüssen im Bitburger Land am Montag war eine erneute Verbesserung der Bestzeit allerdings kein Thema mehr: Die Rennleitung empfahl den Fahrern vor dem zweiten Lauf, auf die glatten Walzen ganz zu verzichten. „Zieht Regenreifen auf oder irgendwas dazwischen. Aber Slicks sind keine Option.“ Für die Motoren selbst war das Wetter in diesem Jahr allerdings geradezu ideal: Es war nicht zu warm, die Turbolader litten nicht, die Triebwerke konnten frei atmen. Allerdings häuften sich auf dem schmierigen Untergrund bei den 190 Teilnehmern, die alle 20 Sekunden losgelassen wurden, Ausrutscher, Dreher und dadurch hervorgerufene Einsätze des Intervention-Cars und der Rennleitung. Alles jedoch prophylaktisch. Den einen oder anderen waidwunden vierrädrigen Kameraden musste der Abschleppdienst zwar nach unten bringen, aber dabei blieb es dann. Auch, dass man wegen des Wetters eventuell auf den dritten Lauf hätte verzichten müssen, stand nie zur Disposition.

„Ruhe bewahren, in der Eifel regnet es halt auch mal öfter. Nicht verrückt machen lassen.“ Das war die Devise von Christoph Schackmann (Foto), dem Präsidenten des veranstaltenden Eifelmotorsportclubs Bitburg. „Ein bisschen Zeitpuffer haben wir immer.“ Einen vorher ausgelobten Sonderpreis, verriet er uns, gebe es übrigens für den neuen Streckenrekordhalter nicht. „Wir müssen nach zwei Corona-Jahren, die uns mit ausgefallenen Rennen viel Geld gekostet haben, finanziell erst mal wieder auf die Beine kommen.“ Und augenzwinkernd fügte er hinzu: „Dann muss er halt im nächsten Jahr noch mal kommen und eine Schippe drauflegen. Vielleicht haben wir dann ein bisschen was im Sack.“ Auf taube Ohren dürfte er damit wohl kaum gestoßen sein.

Das Gesamtsiegerpodium vervollständigten übrigens der Italo-Luxemburger Canio Marchione im kleinen Osella mit Motorrad-Motor und Georg Lang im Formel Renault Evo.  Der Tourenwagen-Gesamtsieg ging an Mario Fuchs im Allrad-Mitsubishi, der schon im strömenden Regen Top-Zeiten ablieferte, vor 2-Liter-Mann Erwin Buck und Michael Bodenmüller im C-Kadett. Für die vielen Bergrennsportler aus der Region war das motorsportliche Top-Ereignis „vor der Haustür“ natürlich auch ein Höhepunkt im jährlichen Veranstaltungskalender.

Text: Jürgen C. Braun, Fotos: Henri Schwirtz, Andreas Eckert