
Der Performance Faktor kommt und die Karten werden neu gemischt! Der größte Umbruch in der neueren Geschichte des Bergrennsports steht dieser so traditionellen und einzigartigen Motorsportdisziplin ins Haus. Im Herbst letzten Jahres gab die FiA Hillclimb Kommission endgültig grünes Licht zur Einführung des Performance Faktors ab der Saison 2020. Im ersten Stepp wird diese revolutionäre und nie dagewesene Einteilung und Klassifizierung der unterschiedlichsten Rennfahrzeuge bei allen FiA-Prädikaten (Berg-Europameisterschaft, FiA Hillclimb Cup, Masters) und aktuell nur für geschlossene Fahrzeuge, sprich Tourenwagen eingeführt. Im zweiten Schritt, der von der FiA für das Jahr 2021 anvisiert ist, werden weitere Performance Faktoren für die Rennsportfahrzeuge (Kategorie II) generiert. In einer weiteren Phase steigen Landesmeisterschaften sowie nationale und internationale Rennserien mit ein.
Selbst für Insider der Bergrennszene ist es zum jetzigen Zeitpunkt nicht gerade leicht, sich ein umfassendes Bild über die so völlig neuen Regularien, aber auch über die Chancen und neuen Möglichkeiten zu verschaffen. Informationen in deutscher Sprache sind noch Mangelware. Fakt ist jedoch, dass das bisherige System aus Gruppen nach Verbessrungsgraden und einer weiteren Unterteilung in Hubraumklassen schon bald der Vergangenheit angehören wird. Große Profiteure des „PF“ sind die nationalen E1-Boliden, die ab sofort in der Berg Europameisterschaft start- sowie punkteberechtigt sind. Durch den Wechsel der E2-SH Boliden in diese Kategorie der geschlossenen Fahrzeuge (Kat.1), erfährt auch die Berg-EM Kategorie 2 einige Änderungen für die neue Saison. Dort wird es in Zukunft nur mehr zwei Gruppen geben, die Gruppe CN, E2-SC sowie die Gruppe D, E2-SS.
Gegenwertig hat die FiA fünf „PF-Gruppen“ geschaffen. Im Gespräch sind aktuell, weitere bis zu fünf Untergruppierungen in den nationalen Meisterschaften zuzulassen. Mittels Abfrage von Daten und Eigenschaften wie Fahrzeuggewicht, Motorkomponenten, aber auch Details zu Aerodynamik und zum Chassis, ergibt sich ein „PF-Wert“. Seit Kurzem sind auch einige neue Parameter hinzugekommen, die aus den Reihen Deutscher Experten eingeflossen sind – wer bereits seinen „PF“ ermittelt hat, muss die neuen Parameter noch ergänzen. Hier ist an erster Stelle DMSB-Technik-Kommissar Rüdiger Kleinschmidt zu nennen, der kürzlich zum FiA Technik Delegierten berufen wurde und sich zukünftig vermehrt um den FiA Hillclimb Cup kümmern wird. Schon jetzt kann jeder Aktive den „PF“ seines Rennfahrzeugs ermitteln, auch beispielsweise die Teilnehmer an der Deutschen Bergmeisterschaft und dem KW Berg-Cup. So können bereits weit im Vorfeld erste Einschätzungen und Erfahrungen auf diesem neuen Feld gesammelt werden. Hierzu stellt die FiA eine Internetplattform (https://performancefactor.fia.com) zur Verfügung, die kostenlos ohne Registrierung und Speicherung „ausprobiert“ werden kann. Für die „scharfe“ Registrierung und Anmeldung in das System ist lediglich eine gültige eMail-Adresse und ein 10stelliges individuelles Passwort nötig, das jedem Piloten eine persönliche virtuelle Garage zugänglich macht. Hier können ein oder mehrere Autos angemeldet, technische Konfigurationen simuliert, verglichen und gespeichert werden und natürlich auch die FiA-PF-ID, ein sechsstelliger Identificationscode generiert werden.
Im Rahmen der Berg EM 2019 wurde bereits eine „Schattenwertung“ nach Performance Faktoren durchgespielt. Eine solche inoffizielle Testwertung wird in der kommenden Saison auch bei allen Läufen der Deutschen Bergmeisterschaft erhoben. Hierzu ist es zwingend notwendig dass bereits alle einheimischen und nationalen Teilnehmer ihren „PF-Wert“ ermitteln und bei der Online-Nennung zur jeweiligen Veranstaltung mit angeben. Eine ganz besondere Herausforderung sind die Neuerungen in diesem Zusammenhang für die Veranstalter der beiden Deutschen FiA-Läufe in Glasbach und Osnabrück. Hier könnte zum Beispiel bereits auch, neben der FiA-Fahrzeugeinteilung, die nationale Fahrzeugeinteilung zum Rennen und die anschließende Ergebnisauswertung nach „PF“ erfolgen. Wo es aber zur Zeit noch keine abschließende Klärung gibt. Somit wird es nun auch für die Pilotinnen und Piloten der nationalen Deutschen Bergszene Zeit sich mit dem Performance Faktor zu beschäftigen. Die „PF-Einführung“ hierzulande könnte, wie von der FiA gewünscht, bereits in 2021 erfolgen. Der Fachausschuss Berg ist hier am Ball. Länder wie Polen und die Tschechische Republik steigen mit ihren nationalen Bergmeisterschaften bereits zur im Frühjahr beginnenden Saison in die „PF-Wertung“ ein.
Erstaunlicher Weise spielte das Thema Katalysator in den bisherigen Überlegungen der FiA, bei der Umstellung zum Performance Faktor so gut wie keine Rolle. Angesichts der aktuell hochkochenden Problematik in Sachen klimaschädlicher CO2-Gase, Stickoxide oder dem Feinstaub, ist dies eine vertane Chance. Für hockkarätige Rundstreckenserien wie Formel Renault, Formel 3, DTM oder GT Masters ist es seit Jahren selbstverständlich Katalysatoren in den Autos zu verwenden, die der Leistungsentfaltung der Rennmotoren kaum abträglich sind. Seit Ende der 1980er Jahre gilt auch in der Deutschen Automobil Bergmeisterschaft die Kat-Pflicht, die nur bei FiA-Läufen teilweise nicht angewendet werden muss, da die FiA-Regularien höherwertig sind. Der DMSB war hier Vorreiter, doch international hat sich in den letzten 30 Jahren auf diesem Sektor kaum etwas bewegt. Somit ist es für ausländische Gastfahrer immer noch nahezu unmöglich bei einem reinen Berg DM-Lauf an den Start zu gehen, was natürlich viele Freunde des Bergrennsports bedauern. Kaum zu glauben, dass es noch eine große Anzahl von Landesmeisterschaften gibt, die wie die Teilnehmer an der Berg-EM und dem Internationalen FiA-Hillclimb Cup, ohne Katalysator die Berge erklimmen. Die historische Chance dies zu ändern und den Bergrennsport ein Stück weniger angreifbar zu machen, ist die Einführung des Performance Faktors. Der DMSB-Berg-Fachausschuss, um den Vorsitzenden Marcus Malsch reichte kürzlich einen Antrag zur europaweiten Einführung des Katalysators bei der FiA Bergkommission ein, die diesen an den Technikausschuss verwiesen hat. Ein entsprechendes Schreiben wurde auch an Jean Todt, den Präsident des Welt-Automobilverbands gerichtet.
Zum Schluss noch ein Expertenrat vom neuen FiA-Funktionär Rüdiger Kleinschmidt: „Keiner braucht für den „PF“ im nationalen Bereich sein Fahrzeug zu verändern. Beim Performance Factor handelt sich um eine mathematische Formel, welche um die dreißig technischen Parameter berücksichtigt, welche die Leistung im Rennen beeinflussen und sich um 5 Elemente gruppieren: Gewicht, Motor, Aerodynamik, Antriebsstrang und Struktur. Wer ausschließlich national oder zwischendurch beispielsweise im Slalomsport startet, sollte erst einmal die zukünftigen nationalen Bestimmungen abwarten und die kommende Zeit zur Sondierung nutzen. Teilnehmer die aktiv an einem der FiA Prädikate teilnehmen wollen, bleibt es allerdings überlassen sich schon heute an den bereits bestehenden technischen FiA-Bestimmungen zu orientieren. Die in das FiA-System eingebebenen Parameter und der daraus resultierende „PF-Wert“, sollten gewissenhaft ermittelt worden sein“, so Kleinschmidt weiter. „Bei den technischen Abnahmen vor Ort wird dies überprüft. Einmal pro Jahr wird ein „PF-Fehler“ geduldet, jeder weitere wird mit Punktabzug in der Meisterschaft geahndet. Passt also auf!“.
Einteilung der Performance Klassen (geschlossene Fahrzeuge)
PF 1: 15 bis 39 Punkte
PF 2: 40 bis 79 Punkte
PF 3: 80 bis 119 Punkte
PF 4: 120 bis 159 Punkte
PF 5: über 159 Punkte
Die FiA erstellte nun auch eine detaillierte Anleitung zur FiA-PF-ID und zur Eingabe aller Fahrzeugwerte in deutscher Sprache (eine Onlinestellung hier auf BiD ist aus technischen Gründen aktuell nicht möglich). Wer diese benötigt bitte anfragen unter bergrennen@t-online.de
Weiter Infos unter: www.fia.com/performance-factor