Erneut Topfeld mit knapp 190 Startern in Eschdorf

Anfang September 1988 gewann der Franzose Hervé Bayard im Martini-BMW Mk32 Formel 2 die Erstausgabe des Eschdorfer Bergrennens mit 20 Hundertsteln Vorsprung auf Jozef Zajelsnik im Ralt Rt20. Am Wochenende des 4./5. Mai organisiert die Union des Pilotes nun schon zum 31. Mal ihr traditionelles « European Hill Race », Lauf zur Luxemburger und zur deutschen Bergmeisterschaft sowie zum « KW-Berg-Cup » und erstmals auch dem deutschen „KW Berg-Cup National“. Einmal mehr wird sich also in dem kleinen Ardennerdörfchen Eschdorf zwischen Wiltz und Ettelbrück im Norden Luxemburgs alles um den Motorsport, PS-Power und hochdrehende Antriebsaggregate drehen. Sehr zur Freude der voraussichtlich erneut zahlreichen Zuschauer, die nicht nur aus Luxemburg, sondern vor allem auch Belgien, Deutschland, Frankreich und den Niederlanden, ja sogar der Schweiz und England anreisen werden, genießt das European Hill Race doch bis weit über die Grenzen Luxemburgs einen ausgezeichneten Ruf bei den Rennsportfreaks und zählt somit ohne Übertreibung zu den zehn meistbesuchten Sportveranstaltungen des Landes.

Der zweifache französische Bergmeister 2017 und 2018 mit sieben Vize-Bergmeistertiteln 2004, 2006-2010, 2012, 2015 und 2016 sowie zweifache Bronzemedaillengewinner bei den FIA Masters von Sternberk/Tschechien 2016 und Gubbio/Italien 2018 Sébastien Petit sicherte sich im Vorjahr nach seinen beiden dritten Plätzen 2014 und 2015 nicht nur seinen ersten Eschdorf-Gesamtsieg, sondern fuhr in 48,260 sec. auch neuen Streckenrekord. Im Norma M20 FC mit 3 Liter-V8-Mugen-Honda-Motor (Foto oben) geht Petit dieses Jahr somit wohl als Favorit ins Rennen. Doch die Konkurrenz ist hoch motiviert, so etwa der im Vorjahr 30 Jahre nach seinem Vater Jupp mit nur 0,557 sec. Rückstand Gesamt-Zweite Patrik Zajelsnik (Slowenien), der im Norma-Mugen Honda M20 FC V8 im vergangenen September das bestbekannte Bergrennen Sankt-Agatha in Österreich gewonnen hat. Der Eschdorf-Sieger 2013, fünffache Schweizer Bergmeister 2010, 2011, 2012, 2017 und 2018 sowie deutsche Bergmeister 2008 Marcel Steiner seinerseits musste sich im Vorjahr wegen technischer Probleme am LobArt-Mugen Honda LA01 V8 mit dem undankbaren vierten Rang begnügen und möchte nun nach den Siegen von Vater Heinz in den Jahren 1995 und 1996 auf einem Martini-BMW Formel 2 endlich ein viertes Mal in Eschdorf die Siegesglocken für Familie Steiner läuten lassen.

Mit Platz 2 in den Jahren 2014, 2015 und 2017, P3 2007, 2012 und 2016, P4 2013, aber auch als Dritter der Gesamtwertung und zugleich Goldmedaillengewinner in der Kategorie der FIA-Rennsportfahrzeuge beim ersten FIA Masters im Oktober 2014 auf der gleichen Strecke zählt der vierfache Schweizer Bergmeister 2013-2016 und amtierende Vize-Meister Eric Berguerand im Lola-Cosworth Fa99 F3000 zu den sicheren Werten auf der Eschdorfer Strecke. Nachdem er im Vorjahr kurzfristig wegen Elektrikproblemen im Umfeld seines neuen Cosworth-Motors seine Teilnahme absagen musste, will er dieses Jahr endlich jenes oberste Podesttreppchen erklimmen, das ihm bislang so oft in Eschdorf knapp verwehrt blieb….kurzum, die Strecke liegt dem angriffslustigen Schweizer bestens, fehlt nur noch der langersehnte Siegerpokal. Dritter Eidgenosse im Bunde der Gesamtsieganwärter ist der junge Haudegen Joël Volluz im Osella-Judd Fa30 V8, der sich bei seiner bisher einzigen Eschdorf-Teilnahme 2016 nur knapp um 0,382 Sekunden hinter David Hauser beugen musste und Landsmann Eric Berguerand damals um winzige 5 Hundertstel auf Platz 3 verwies. Nicht zu unterschätzen ist stets auch der französische Bergmeister der 2. Division 2015 Cyrille Frantz, seit Mitte der 1990er treuer Gast in Eschdorf mit unzähligen Top5-Platzierungen, vor allem dem 3. Platz 2017, der nun endlich im Osella-Ford Cosworth PA30 Evo 18 an den Gesamtsieg seines älteren Bruders Fabien aus dem Jahre 2011 anknüpfen möchte und sich seit Saisonbeginn in der französischen Bergmeisterschaft nach längerer Durststrecke wieder im absoluten Vorderfeld etabliert hat.

Allesamt Spitzenfahrer, die sich einen Kampf um Bruchteile von Sekunden leisten werden, um untereinander den Gesamtsieger zu küren und Jagd auf Sebastien Petits Streckenrekord zu machen. Dabei müssen sie aber auch vor einer ganzen Heerschar an Außenseitern auf der Hut sein, wie etwa dem siebenfachen Luxemburger Bergmeister Guy Demuth (2003, 04, 05, 07, 10, 11 und 12), der im Norma-Judd M20 FC V8 3L kürzlich beim EM-Auftakt am französischen Col St Pierre auf Platz 6 kam, dem Luxemburger Bergmeister 2014 Tommy Rollinger im Osella-Zytek Fa30 oder auch dem 21-jährigen Schweizer Nachwuchstalent Robin Faustini im Reynard-Mugen Honda K01 F3000/Nippon, im Vorjahr Fünfter der Schweizer Bergmeisterschaft. Gespannt sein darf man aber auch auf das Debüt in der Königsklasse des jungen belgischen Nachwuchstalents Corentin Starck, dem Zweiten der Junioren-Wertung der FIA Masters 2016 in Sternberk/Ecce Homo (Tschechien) und zweifachen Sieger der stets hart umkämpften Sportwagen-2 Liter-Klasse in Eschdorf 2016 und 2017, der erstmals den von Guy Demuth angemieteten G-Force-Mugen Honda F3000/Nippon (Foto Mitte) einsetzen wird.

Ohne den wunderschönen Osella PA27 mit Megatron-Mader-ex-Formel 1-Turbo-Motor (Arrows und Ligier in den späten 1980ern) des Franzosen Benjamin Vielmi zu vergessen. Oder noch den vierfachen Sieger des belgischen Bergpokals 2014-17 und belgischen Vize-Bergmeister 2018 Anthony Loeuilleux (F) auf einem von insgesamt vier gemeldeten Tatuus-Honda Formel Master, Favorit der mit 15 Fahrzeugen stark besetzten 2 Liter-Formelwagenklasse, in der auch das junge Nachwuchstalent Kévin Petit, Bruder von Vorjahressieger Sébastien, auf einem weiteren Tatuus-Honda Master sowie der deutsche Bergmeister 2012 und 2014 Frank Debruyne im Dallara-Opel F303 hervorstechen. Und da wäre auch der inzwischen sechsfache Eschdorf-F3-Sieger Ludovic Cholley (F, 2012-14, 2016-18), der einen von insgesamt vier gemeldeten Dallara-Mercedes einsetzt. Und natürlich der zweifache Sieger des französischen Bergpokals 2014 und 2018 Kévin Durot, der im Norma-Honda M20 FC 2 Liter im Vorjahr als Gesamtneunter so manches PS-stärkere Fahrzeug hinter sich gelassen hatte.

Kurzum, ein Feld von 23 zweisitzigen Sportprototypen (davon sechs mit 3 Liter-V8-Motoren) und 35 einsitzigen Formelwagen (davon neun über 2 Liter) mit u.a. auch dem nagelneuen Werks-PRC-Honda FPR12 2 Liter, der von der legendären österreichischen Rennwagenbauer-Familie Pedrazza speziell für den Bergrennsport entwickelt wurde und in Eschdorf beim erst dritten Renneinsatz vom Deutschen Alexander Hin gefahren wird, oder noch der originelle Eigenbau-MTK-Renault 2 Liter des Schwaben Thomas Conrad, der sehr seltene Tatuus-Honda py012 des Franzosen Régis Christoph oder auch der Dallara-Nissan WorldSeries 3 Liter von Gerd Kauff. Aus Luxemburger Sicht seien noch die Premieren des Luxemburger Bergmeisters 2017 Daniel Donkels im Ligier-Honda JS49 2 Liter-Sportwagen sowie von Henri Turk im Mygale-BMW Formel Junior (Foto unten) erwähnt. Und im Bereich der Exoten sticht noch der Reynard 88D des Deutschen Franz Seitz mit 3 Liter-Volvo-Motor hervor.

Text: Patrick Weber

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Thomas Bubel ist Jahrgang 1966, verheiratet und hat zwei Kinder. Er berichtet seit 20 Jahren in Wort und Bild über Bergrennen. Seit 1991 ist er Pressesprecher seines Heimatvereins Homburger Automomobilclub und des Homburger ADAC Bergrennens. Seit 11 Jahren betreibt der freie Journalist und Fotograf "Bergrennen in Deutschland", die Webseite für alle am Berg.